Hallo, hiermit begrüßen wir euch zu einer neuen Ausgabe des Festivals von Queer.Life.Duisburg. Wir schreiben das Jahr 50 nach Stonewall. Nach einer Razzia im Lokal Stonewall Inn in New York, wehrten sich queere Menschen erstmals gegen Polizeiwillkür und -gewalt. Seither haben wir mehr erreicht als gehofft, doch vollständige Gleichstellung ist noch immer unser Ziel. Deshalb machen wir weiter und haben wieder so einiges in petto: Ausstellungen, Diskussionen, Filme aber auch Partys und noch eine Menge weiterer Veranstaltungen. Was genau stattfindet, erfahrt ihr in diesem Programmheft. Wir wünschen viel Spaß beim Stöbern!

Mit „Aufstand der Perversen“ wollen wir sichtbar machen, dass noch nicht alle in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind. „Pervers“ hat laut Duden zwei Bedeutungen: Zum einen bezeichnet es Dinge als unerhört, schlimm, absurd oder höchst merkwürdig. Zum anderen steht pervers (besonders in sexueller Beziehung) für etwas, das als widernatürlich empfunden wird.

Was pervers ist, ist also nicht in einem Katalog festgeschrieben, sondern eine (individuelle) Wahrnehmung. Damit sagt diese Einstufung eigentlich immer nur etwas über die Einstufenden und nicht über die Eingestuften aus!

Weiter hält der Duden einen besonderen Hinweis parat: „Der Bezug des Wortes pervers auf Menschen oder sexuelle Praktiken und Verhaltensweisen stellt zumeist eine starke Diskriminierung dar. Die Verwendung sollte daher nicht unüberlegt erfolgen!“ Wir haben diesen Hinweis ernst genommen und gründlich überlegt.

So empfinden wir den Begriff im historischen Kontext sehr passend und korrekt. Queere Menschen galten damals in den Augen vieler als pervers. Gerade weil das Stonewall Inn hauptsächlich nicht von weißen schwulen Männern der Mittel- und Oberschicht besucht wurde, sondern hier auch trans* Menschen, Frauen, People of Color und wirtschaftlich schwächer gestellte Menschen verkehrten, waren die Besucher*innen der Bar besonders verpönt und die Polizei ging hier bei Razzien besonders hart vor. Daher galt das Stonewall Inn nicht einfach als Schwulenbar, sondern als ein Treffpunkt für „Perverse“.

Auch hat das Aufgreifen der Beschimpfung „pervers“ eine lange Tradition. Als in den 1980er-Jahren die damalige britische Premierministerin Thatcher Zechen schließen wollte, solidarisierten sich Schwule und Lesben. Die Presse titelte damals „Perverse unterstützen die Bergleute“. Die Bewegung griff dies auf und veranstaltete ein Benefiz-Konzert mit dem Titel „Pits & Perverts“ (deutsch „Bergleute und Perverse“).

Auch heute gibt es noch viele, die inner- und außerhalb der Community als Schmuddelkinder gelten: zum Beispiel Lederkerle, Drag Queens oder Mitglieder der Puppy-Szene. Bisexualität gilt nur als Übergangslösung und wehe, eine Bi-Frau lebt mit einem Mann zusammen, dann heißt es: „Das ist doch hetero!“ – Wir finden, das ist engstirniger Quatsch!

In diesem Sinne: Tach Vielfalt – Tschö Diskriminierung!

Euer Queer.Life.Duisburg-Team